EU-Parlament fordert Korrekturen
Entschließung mehrerer Fraktionen zur MDR und IVDR findet Zustimmung
Straßburg – Am Mittwoch hat das EU-Parlament mit großer Mehrheit für eine rasche Überarbeitung der MDR gestimmt. Das Plenum sieht “dringenden Bedarf”, an mehreren Stellen nachzubessern – unter anderem bei Medizinprodukten für seltene Leiden, Innovationen und bei der Schaffung einer kohärenten und transparenten Gebührenstruktur.
Die „Entschließung des Europäischen Parlaments (…) zu der dringend notwendigen Überarbeitung der Verordnung über Medizinprodukte“ (2024/2849(RSP))“ war gemeinsam von PPE (Europäische Volkspartei), S&D (Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament), ECR (Europäische Konservative und Reformer), Renew Europe (Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, Europäische Demokratische Partei) und Verts/ALE (Die Grünen/Europäische Freie Allianz) eingebracht worden. Der in der Sitzung angenommene Text ist unter diesen Link zu finden. Die Präsidentin ist beauftragt worden, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Die in der Entschließung verankerten Anliegen und Forderungen an die Kommission lauten:
Schnelles Handeln bei den dringendsten Herausforderungen
Mit delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten sollen bis Ende des ersten Quartals 2025 die dringendsten Herausforderungen und Engpässe bei der Umsetzung der Rechtsrahmen angegangen werden; ebenso sind Vorschläge zur systematischen Überarbeitung aller einschlägigen Artikel der Verordnungen vorzulegen;
Weniger Verwaltungsaufwand und mehr Transparenz bei Auslegung und Umsetzung
Die verfügbaren legislativen und nicht-legislativen Instrumente sollen voll ausgeschöpft werden, um Fragen abweichender Auslegungen und der praktischen Anwendung zu klären, das Regulierungsverfahren zu straffen, die Transparenz zu verbessern und unnötigen Verwaltungsaufwand für die Benannten Stellen und die Hersteller, insbesondere für KMU, zu beseitigen, ohne die Patientensicherheit zu beeinträchtigen;
Engpässe bei der Versorgung vermeiden
Es besteht die Gefahr von Engpässen bei Medizinprodukten und den fehlenden Zugang zu bestimmten Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika in Teilen der EU; der Zugang zur Gesundheitsversorgung und ihre Qualität, auch in Bezug auf Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika, soll nicht davon abhängen, wo in der EU sich ein Patient befindet;
Ausreichend Ressourcen bei Benannten Stellen
Benannte Stellen sollen dafür Sorge tragen, dass ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen, damit die Nachfrage auf dem Markt rechtzeitig gedeckt werden kann. Kommission und Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die Unterstützung aufzustocken und die Zusammenarbeit zu verstärken, damit Benannte Stellen über die optimalen Kapazitäten und Fähigkeiten verfügen, um den Rechtsrahmen vollständig umzusetzen;
Transparenz und Verbindlichkeit bei Fristen
Forderung nach transparenten und verbindlichen Fristen, einschließlich Aussetzungen für Verfahrensschritte bei der Konformitätsbewertung durch die Benannten Stellen, wodurch in Bezug auf das Marktzugangsverfahren und dessen Dauer innerhalb der EU für Vorhersehbarkeit und Sicherheit für die Hersteller gesorgt wird.
Transparenz und Verbindlichkeit bei Kosten
Es braucht Transparenz in Bezug auf die Gebühren und Gebührenstrukturen der Benannten Stellen, damit die Wirtschaftsakteure die Benannten Stellen vergleichen und fundierte Entscheidungen treffen können, und damit gewährleistet ist, dass die Gebühren weiterhin eine angemessene Vergütung für die erbrachte öffentliche Dienstleistung darstellen;
Neuzertifizierung bei Produktanpassungen abschaffen
Die unnötige Neuzertifizierung von Produkten muss abgeschafft werden; Produktaktualisierungen oder -anpassungen sollen nicht unbedingt eine vollständige Neuzertifizierung des Produkts erforderlich machen. Diese Bestimmungen müssen harmonisiert und in der gesamten EU kohärent gestaltet werden. Betont wird, dass Behörden und die für andere Regulierungsrahmen zuständigen Beratungsgremien zusammenarbeiten, Produkte korrekt und einheitlich klassifiziert werden müssen;
Prioritäre Wege für Innovationen
Es soll geprüft werden, beschleunigte Verfahren und prioritäre Wege für die Genehmigung innovativer Technologien in Bereichen, in denen nicht gedeckter medizinischer Bedarf besteht, und für Produkte, die mit medizinischen Notlagen in Verbindung stehen, einzurichten;
Gesundheitsdaten schützen
Gesundheitsdaten, die von Anwendungen für elektronische Gesundheitsdienste erhoben werden, müssen geschützt werden, indem diese Anwendungen ausdrücklich in den Geltungsbereich der überarbeiteten Verordnung über Medizinprodukte aufgenommen und entsprechende Bestimmungen festgelegt werden;
Klare Arbeitsdefintion für “Medizinprodukte für seltene Leiden”
Eine klare Arbeitsdefinition des Begriffs „Medizinprodukt für seltene Leiden“ muss festgelegt werden, um die Annahme harmonisierter Maßnahmen in der gesamten EU zu erleichtern. Gleichzeitig braucht es ein robustes System, das Missbrauch im Wege einer künstlichen Einstufung als Produkt für seltene Leiden verhindert;
Effizientere Verfahren bei Medizinpropdukten für seltene Leiden und für Kinder
Angepasste Vorschriften für Medizinprodukte für seltene Leiden und für Kinder sollen eingeführt werden, ohne dass die Patientensicherheit beeinträchtigt wird. Effizientere Konformitätsbewertungsverfahren sind für Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika vonnöten, die relativ kleine Märkte bedienen, etwa Produkte zur Behandlung von Kindern oder von seltenen Krankheiten;
Besserer Zugang zu klinischen Daten bei Medizinpropdukten für seltene Leiden und für Kinder
Die Kommission wird aufgefordert, die Erhebung klinischer Daten aus bestehenden nationalen Registern für kleine Patientengruppen, die mit Medizinprodukten für seltene Leiden und Kinderarzneimitteln behandelt werden oder bei denen für die Diagnose derartige Produkte verwendet wurden, zu erleichtern, wobei der Schutz personenbezogener Daten gewahrt bleiben muss.
Mehr Unertstützung für KMU
Zahlreiche KMU stehen bei der Anpassung an die rechtlichen Rahmenbedingungen vor Herausforderungen; Mitgliedstaaten und Kommission sollen spezifische Maßnahmen zur Unterstützung von KMU zu entwickeln, durch die die Kosten und die Komplexität der Regelungsrahmen verringert werden;
Verfügbarkeit von Medizinprodukten überwachen
Die Verfügbarkeit von Produkten, insbesondere der letzten verbleibenden Produkte einer bestimmten Art, ist kontinuierlich zu überwachen; geeignete Maßnahmen sollen ergriffen werden, um sie auf dem EU-Markt verfügbar zu halten. In diesem Zusammenhang soll die Datenbank EUDAMED schleunigst vollständig umgesetzt werden.
Angemessener Übergangszeitraum bei neuen Regelungen und geänderten Vorschriten
Jede neue Regelung oder Änderung bestehender Vorschriften muss mit einem angemessenen Übergangszeitraum einhergehen, damit alle Akteure ausreichend Zeit haben, sich an die Änderungen anzupassen;
Im Vergleich zu den vor kurzem veröffentlichten “Änderungsvorschlägen der MedicalMountains GmbH für mehr Planungssicherheit, angemessenen Aufwand und weniger Kosten bei der Umsetzung der MDR” (verfügbar unter diesem Link auf Deutsch und unter diesem Link auf Englisch) ergeben sich Schnittmengen, aber auch Unterschiede. So sind beispielsweise in dem Positionspapier sehr konkrete pragmatische Vorschläge zu finden, wie unnötiger Mehraufwand für Unternehmen reduziert werden kann, etwa bei Rezertifizierungen, beim Äquivalenzprinzip oder bei Klassifizierungsregeln. In einem Punkt stimmen die Meinungen jedoch vorbehaltslos überein: Die Kommission muss schnell handeln und die dringendsten Probleme unverzüglich angehen.