Innovation Forum: Ein Visionär der ersten Stunde

Gründer und Präsident des IRCAD France: Prof. Jacques Marescaux blickt auf die Zukunft der minimalinvasiven Chirurgie

Tuttlingen/Straßburg – “Science-Fiction”? Bei diesem Begriff muss Prof. Jacques Marescaux lächeln. Oft hat er schon das verwirklicht, was andere als unerreichbar hielten. Der Gründer und Präsident des IRCAD France kommt am 17. Oktober nach Tuttlingen und zeigt in seiner Keynote auf, wie künstliche Intelligenz die minimalinvasive Chirurgie revolutionieren wird – und auch, dass eine Vision nie eindimensional ist.

Autonomes Fahren: Dieses Thema überrascht heute niemanden mehr. Zwar ist es noch nicht perfekt, hat sich aber längst auf den Straßen durchgesetzt. Im Oktober 1994 war die Situation noch eine ganz andere. Im Rahmen eines Projekts der Bundeswehr mit Daimler-Benz manövrierten zwei selbststeuernde Limousinen über deutsche Autobahnen. Der Kofferraum war voll mit Technik, die verbauten Prozessoren und Kameras ein Vermögen wert. Wer damals einen bleibenden Impact auf die Automobil-Branche voraussah, wurde als “Visionär” wohl eher belächelt als gefeiert. Im Dezember 2001 saßen Jacques Marescaux und sein Team in New York. Per Joystick steuerten sie in Echtzeit eine Operation in Straßburg. France Telecom hatte dafür extra eine Hochgeschwindigkeitsleitung geöffnet. Jacques Marescaux wusste, dass dieser Tag die künftige Medizintechnik verändern würde. Er sollte recht behalten.

Jacques Marescaux ist ein Visionär der ersten Stunde. Im gleichen Jahr, als das Auto das selbstständige Fahren lernte, gründete er im Elsass das IRCAD. Die Abkürzung steht für “Institut de Recherche Contre les Cancers de l’Appareil Digestif”, frei übersetzt: ein Forschungsinstitut, dass sich dem Kampf gegen Krebserkrankungen des Verdauungsstrakt verschrieben hat. Heute ist es die herausragende Institution für laparoskopische Chirurgie. Am Stammsitz stehen mehr als 40 OP-Roboter zur Verfügung; Ärztinnen und Ärzte aus aller Welt lernen und verfeinern hier ihr Handwerk an unterschiedlichen Modellen. Online-Kurse und -Übertragungen verbreiten das Wissen global. Vieles von dem, was einst als “Science-Fiction” galt, ist hier früher als anderswo “State of the Art” geworden. Jacques Marescaux‘ Fokus ist weiter nach vorn gerichtet. “Wir blicken auf die nächsten 20, 30 Jahre” sagt er, und die werden von künstlicher Intelligenz geprägt sein. Wenn beispielsweise mit virtuellen Instrumenten an virtuellen Organen eines virtuellen Patienten das bestmögliche Verfahren simuliert wird, ehe die Daten an einen Roboter weitergegeben werden. „Das wird“, so die Vision von Jacques Marescaux, “nah an der perfekten Operation sein.” Seine Keynote “How AI is going to radically change Minimally Invasive Surgery” vermittelt einen Eindruck dieser Zukunft.

Wenn man Jacques Marescaux zuhört, merkt man, dass seine Vision mehr als nur die Medizin umfasst. Das IRCAD hat Spiegelzentren in Taiwan, Brasilien, im Libanon und Ruanda eingerichtet, gefolgt von China, den USA und Indien. Und: Das IRCAD arbeitet als unabhängige Non-Profit-Organisation. “Wir haben noch nie öffentliche Gelder bezogen, nicht einen Cent vom Staat erhalten”, ist Jacques Marescaux stolz. Die Finanzierung erfolgt aus anderen Quellen, zum Beispiel durch die Vermietung von Räumen in den Institutseinrichtungen oder durch IRCAD-eigene Hotels und Restaurants. Globales Denken und Unternehmertum. Eine Vision ist nie nur eindimensional. Ein wichtiger Impuls für das Innovation Forum. “Schön, dass viele kleine und mittlere Unternehmen dabei sein werden”, schätzt Jacques Marescaux deren Flexibilität, Ideenreichtum – und den Dialog, um ihnen beim Forum den Anstoß für eigene Visionen zu geben.

  • Das Tagesprogramm des 17. Innovation Forum Medizintechnik kann unter diesem Link eingesehen werden. Nicht zu vergessen: Bis zum 31. Juli gilt noch der Frühbucher-Rabatt!