“Kreative Unzufriedenheit” vereint

Rund 50 Teilnehmende aus Industrie und Kliniken gehen beim “Meet the Maker”-Forum in Dialog

Tuttlingen – Aus dem Dialog zu Wünschen und Möglichkeiten heraus zu einer innovativen Medizintechnik: Das erste “Meet the Maker”-Forum brachte Industrie und Kliniken nicht nur an einen, sondern an gleich fünf Tische. Gemeinsam wurden Probleme benannt, Lösungswege identifiziert – und überraschend verbindende Elemente gefunden. 

Steigende Regularien, Bürokratie und Kosten haben der Entwicklungstätigkeit in der Medizintechnik zugesetzt. Die Bedarfe an neuen, verbesserten Systemen, Prozessen und Produkten sind jedoch nicht weniger geworden, im Gegenteil. Um dem Austausch eine Plattform und der Innovations-Dynamik Schwung zu verleihen, wurde das neue Format ins Leben gerufen. „Wir müssen über den Tellerrand blicken“, appellierte eingangs MedicalMountains-Geschäftsführerin Yvonne Glienke, „wieder mehr zusammenarbeiten, diskutieren, tüfteln, spinnen.“ Das machten rund 50 Teilnehmende, die etwa zu einem Drittel aus Kliniken und zu zwei Dritteln aus Medizintechnik-Unternehmen kamen. Initiale Impulse gab PD Dr. med. habil. Martin G. Friedrich von der Georg-August-Universität Göttingen mit. Er skizzierte Entwicklungssprünge der Medizin am Beispiel von Herzoperationen, von den Anfängen im Eisbecken bis zur 4.0-Ära heute. Er warnte davor, die Errungenschaften als Mittel der Gewinnmaximierung anzusehen. Vielmehr gehe es um mehr Effektivität und Optimierung von Abläufen, um ideale Arbeitsbedingungen und so um „ideale Ergebnisse“ für Patienten. Martin G. Friedrich ermunterte zur „kreativen Unzufriedenheit“ und hatte ein Beispiel direkt zur Hand: In einem OP summt, brummt und blubbert es an allen Ecken und Enden. Der Lärm liegt bisweilen knapp unterhalb der Schmerzgrenze. Als Lösung stellte er ein Audiosystem für Operateure vor – und Hersteller notierten derweil, bei der Produktentwicklung die Geräuschminimierung stärker in den Fokus zu nehmen.

Entsprechend widmete sich ein Thementisch dem Schwerpunkt „Sprachsteuerung & Silent OP“, die weiteren Gruppen den Komplexen „Nachhaltigkeit in der (Medizin-)Technik“, „OP-Saal der Zukunft“, „Assistenzsysteme & Robotik“ sowie „Kameratechnik“. Die gemeinsamen Gedanken formten sich mal abstrakter, mal konkreter aus, wurden niedergeschrieben und bei der abschließenden Präsentationsrunde an Pinnwänden vorgestellt. Was wahrscheinlich so zunächst niemand auf dem Zettel hatte: Als verbindendes Element kristallisierte sich die Frage nach einer besseren Ausbildung von medizinischem Personal, insbesondere Chirurgen heraus. Sei es durch den frühzeitigen direkten Umgang mit hochmodernem Instrumentarium, durch Lehrveranstaltungen zum Thema „Angewandte Medizintechnik“ oder durch Videoaufzeichnungen von Eingriffen, anhand derer angehende Operateure sich schneller mit dem Handwerk vertraut machen können.

Und wie fiel die Bilanz bei den Akteuren des Tages aus? „Ich finde es faszinierend, dass man hier in den intensiven Austausch mit Herstellern und mit Fachkollegen kommen kann, um spezifische Probleme anzusprechen und vielleicht schon erste Lösungsansätze zu finden“, sagte Prof. Dr. med. Boris Haxel (Schwarzwald-Baar Klinikum Villingen-Schwenningen GmbH) stellvertretend für die Ärzteschaft: „Ich habe einen extrem guten Eindruck. Die Zeit vergeht wie im Flug.“ Auch seitens der Unternehmen war das Fazit eindeutig. „Wir hatten ein offenes Brainstorming zu verschiedenen Themen: Wohin entwickelt sich die Medizintechnik, was braucht der Anwender und wie kommen wir zur Zukunft?“, beschrieb Sabrina Hellstern (Hellstern medical GmbH, Wannweil) den „tollen Spirit“ der Veranstaltung. „Bei den Gesprächen, die man auch zwischen den World-Café-Tischen führt, entstehen weitere Ideen. Das macht richtig Spaß.“

Am Ende konnten die Teilnehmenden jene Themen auf den Pinnwänden markieren, die bei Follow-up-Terminen in kleiner Runde vertieft werden sollen. Im großen Rahmen kommt das „Meet the Maker“-Forum im kommenden Jahr wieder: Der 13. Juni 2024 steht bereits als Wiederholungstermin fest.