Medizintechnikmarkt 2022 – ein Käufer- und Verkäufermarkt!

M&A-Sprechtag am 16. März

Tuttlingen – Regulierung, Digitalisierung, Internationalisierung: Vor allem mittelständische Medizintechnikhersteller sehen sich verstärkt mit Kooperations-, Kauf- und Verkaufsoptionen konfrontiert. Dr. Tobias Weiler (MediMatch Partners) beleuchtet in einem Gastbeitrag die Lage und gestaltet am 16. März einen M&A-Sprechtag.

Ein Gastbeitrag von Dr. Tobias Weiler (MediMatch Partners GmbH)

In den letzten Jahren hat sich die mittelständische und exportorientierte Medizintechnikindustrie mit konstanten Zuwachsraten positiv entwickelt. Die öffentlich geprägte Kundenstruktur und die vor dem Hintergrund demographischer Entwicklung steigenden Investitionen in den Gesundheitsmarkt insgesamt haben für diese relativ konjunkturunabhängige Wachstumsentwicklung gesorgt.

Auch die COVID-Krise hat der Medizintechnik bei weitem nicht die negativen Effekte wie anderen Industriebranchen beschert. Bei einer durchschnittlichen Exportquote von nahezu 70% fiel der Zuwachs im Auslandsumsatz in 2020 (22,53 Mrd. €) zwar bescheidener aus als in den Vorjahren, blieb aber mit 2,6% relativ stabil. Der Inlandsmarkt wuchs mit 2,3% auf 11,72 Mrd. €. Erreicht wurden diese Entwicklungen bisher vor allem durch organisches Wachstum, wie zum Beispiel durch konservativen Ausbau bestehender Vertriebsstrukturen, kontinuierliche Erweiterung der Produktpalette und Erschließung neuer Märkte durch den Ausbau des Distributoren-Netzwerks oder Gründungen von Niederlassungen.

Die vielerseits beschriebenen aktuellen Herausforderungen wie Regulierung, Digitalisierung, Systemorientierung und Internationalisierung lassen häufig die oben genannten zugegebenermaßen zeitintensiveren Maßnahmen nicht mehr zu: mit Blick auf die Aktivitäten der unmittelbaren Konkurrenz sind Wettbewerbsvorteile in F&E und Vertrieb von besonderer Bedeutung.

Kaufmotivation
Kleine und mittlere Unternehmen stehen vor diesem Hintergrund vor der Entscheidung, selbst anorganisch zu wachsen, um die kritische Masse für anstehende Entwicklungen aufzunehmen. Sie können durch Kooperationen und Beteiligungen Risikostreuung betreiben und zugleich Wachstumschancen effektiver begegnen. Folgende Aspekte spielen dabei gerade auch vor dem Hintergrund der Pandemieerfahrungen eine wichtige Rolle:

  • Strategische Erweiterung der Produktpalette durch Zukauf von Ressourcen und Kapazitäten
  • Eintritt in neue regionale Märkte und Zugang zu neuen Kundengruppen
  • Insourcing der Produktion und Stabilisierung der Lieferketten
  • Pooling von Entwicklungskosten schafft zusätzliche Freiräume
  • Die durch die Kunden eingeforderte stärkere Service-Ausrichtung verlangt einen breiteren Fokus
  • Produkte und korrespondierende Dienstleistungen werden vermehrt als komplexe Systeme nachgefragt.

Auch für branchenfremde Unternehmen (IT, Kommunikationstechnik, Maschinenbau) eröffnen sich mit der Perspektive „Wachstumsmarkt Medizintechnik“ vielversprechende Optionen.

Verkaufsmotivation
Die Dynamik im Markt wird natürlich auch durch die Verkaufsmotivationen der Unternehmen gefördert. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Nachfolgeproblematik insbesondere bei den mittelständischen Familienunternehmen, ebenso wie bei eventuellen Carve Outs Portfoliobereinigungen, die nicht zuletzt auch durch den steigenden Regulierungsdruck unvermeidlich werden.

Fazit
Beide Handlungsoptionen werden durch die skizzierten aktuellen Entwicklungen wie Regulierung, Digitalisierung, Systemorientierung und Internationalisierung gefördert. Gerade der fragmentierte Medizintechnikmarkt mit seinen vielen Kleinstunternehmen, die aufgrund ihrer Spezialisierung bisher ihre Nischen gefunden haben und äußerst erfolgreich waren, sind einem besonderen Konsolidierungsdruck ausgesetzt. Vor diesem Hintergrund erwarten wir in den nächsten Jahren zunehmende M&A-Aktivitäten in allen ausdifferenzierten Ausprägungen.

Zur Person:
Nach seinem Studium in Tübingen und Hamburg nahm Tobias Weiler in Brüssel die Interessen großer Industrieverbände (BDI, ZVEI, vfa) wahr. Danach leitete er beim Deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V. – SPECTARIS ab 2007 zunächst den Fachverband Medizintechnik und führte ab 2011 den Gesamtverband als Geschäftsführer. Seit 2021 ist Tobias Weiler für das Beratungsunternehmen MediMatch-Partners in Tuttlingen tätig.

Dr. Tobias Weiler gestaltet am 16. März den kostenfreien Online-Sprechtag “M&A im Medizintechnik-Mittelstand”.